Drogenverdacht am Flughafen: Ablauf einer Kontrolle

Das Bild zeigt Reisegepäck, bestehend aus zwei Rucksäcken - Kristina Kral
Reisegepäck

Wegen eines kurzfristig gebuchten Tickets und meiner Glatze (?) wurde u. a. mein Gepäck und sogar mein Blog KristinaKral.blog am Flughafen kontrolliert.

Wie kann so eine Kontrolle ablaufen?

Man weiß, wer ich bin

Das Flugzeug landet am Zielflughafen.

In der Duty Free-Zone kaufe ich eine SIM-Karte für das Ankunftsland, um hier das Smartphone nutzen zu können.

Danach folgt die obligatorische Passkontrolle.

Ich stehe eine Viertelstunde an der Gepäckausgabe und wundere mich, warum mein Rucksack – unten auf dem Foto links – nicht kommt.

Das Bild zeigt Reisegepäck, bestehend aus zwei Rucksäcken - Kristina Kral
Reisegepäck; rechts aufzugebendes und links Handgepäck

Ich sehe genervt, dass es noch ein anderes Gepäckband gibt – wohl für Reisetaschen und Rucksäcke – und sehe dann meine Tasche daneben stehen. Jemand hatte sie schon herunter gehoben.

Ich denke mir nichts dabei, hebe sie auf und will damit den Flughafen verlassen.

1. Is this your bag?

… fragt mich ein Officer, der mich wohl die ganze Viertelstunde beobachtet hatte. Ich bejahe.

Ich möge ihm dann bitte folgen.

2. Ich werde gefragt, ob ich eine „paralegal“ wäre (=Rechtsanwaltsgehilfin), was ich verneine (weil ich das Wort nicht kenne) und fasle irgendwas von „lawyer’s assistant“, was das Gleiche ist 🤦‍♀️

Genius Meme
Genius Meme

In einem abgetrennten Bereich des Flughafens soll ich meine Hosen- und Jackentaschen leeren und mich auf einen freistehenden Stuhl setzen, die Arme bitte locker und nah bei mir am Körper halten. Neben uns stehen ein paar Schritte weiter zwei weitere Officers und beobachten das Ganze.

Freistehender Stuhl
Symbolbild: Verhörstuhl. Das hat da zwar absolut nicht so ausgesehen, aber das ist MEINE GESCHICHTE und in MEINER GESCHICHTE sah das ((c) Felix Lobrecht (Minute 21:20)) – nein Spaß. Pixabay hatte nur einfach kein passenderes gemeinfreies Bild von einem freistehenden Stuhl.

3. Ist es ok, dass wir das auf Englisch machen?

Nach der von mir bejahten Frage, ob ich comfortable bin, to do this in English, werde ich 4. gefragt, ob dieser „Einreisezettel“, den sie im Flugzeug ausgeteilt haben und den jeder ausfüllen und bei der Passkontrolle abgeben muss, von mir (persönlich) ausgefüllt wurde. Das bejahe ich ebenfalls und bestätige auf 5. Nachfrage die Echtheit meiner Unterschrift.

6. Ich werde gefragt, ob ich verstehe, was auf dem Zettel steht, was ich bejahe.

7. Ich werde gefragt, ob ich selbst meine Tasche gepackt habe, was ich bejahe.

8. Ich werde gefragt, ob ich weiß, was in meiner Tasche ist, was ich bejahe.

9. Ich werde gefragt, wieso ich so lange gebraucht habe, meine Tasche zu finden. Ich erkläre, dass ich am falschen Kofferband stand und heute sehr langsam wäre, weil ich seit ca. drei Tagen wach bin.

Ungünstige Antwort 😬

„I will open every bag and put everything on here and then I will ask you questions.“

Aja, ok. Asken Sie mich bitte Ihre questions, Herr Officer.

Da mein aufgegebenes Gepäckstück das Schloss noch geschlossen dran hat, bin ich ziemlich sicher, dass sich nichts Verbotenes bzw nichts nicht Deklariertes darin befinden kann, das jemand anderes rein getan haben könnte (Gedanken einer paralegal von Strafverteidigern).

Er teilt mit, dass Aufnahmen dieser interrogation verboten sind und deutet auf ein Verbotsschild. Ich bestätige auf 10. Nachfrage, das verstanden zu haben.

Mehrere Kameras sind auf uns gerichtet.

11. Is there anything sharp in it? Ich kläre über ein Taschenmesser, einen Sparschäler und ein Einweg-Plastikmesser, das ich aus dem Flugzeug mitgenommen habe, auf und sage, dass sich der Schlüssel zum Schloss im Kleingeldfach meines Geldbeutels befindet, der sich wiederum im Handgepäck befindet.

Der Officer sagt, dass er meine Geschichte verstehen will und dass ich nicht nervös sein soll.

Bin ich zwar, aber ebenso bin ich auch kurz vorm Einschlafen, folglich ist von der Aufgeregtheit vermutlich weniger sichtbar als tatsächlich vorhanden ist.

Er beginnt, die Tascheninhalte zu leeren und auf dem langen Metalltisch auszubreiten.

Gegenstände, über die er sprechen will, legt er links von sich hin.

Dabei stellt er weitere Fragen:

12. Ich werde gefragt, ob er mich „Kristina“ oder „Miss“ nennen soll. „Kristina“ passt.

13. Ich werde nach dem Grund meiner Einreise gefragt. Ich reise privat.

14. Ich werde gefragt, ob ich irgendwelche illegalen Gegenstände dabei habe. Ich antworte „Not that I know of.“, was übersetzt etwa „Nicht, dass ich wüsste.“ bedeutet.

15. Ich werde gefragt, ob ich Pfefferspray dabei habe. Ich verneine.

16. Ich werde gefragt, ob ich Drogen nehme. Ich verneine.

17. Ich werde gefragt, ob ich schon einmal Drogen genommen habe. Ich antworte wieder „Not that I know of.“. Der Officer grinst und sagt „I like your answers here!“.

18. Ich werde gefragt, warum ich meinen Kopf rasiert habe (Anm.: auf dem Passfoto habe ich lange Haare). Ich erkläre, dass ich meine Haare an ein krebskrankes Kind gespendet hätte.

Bro-Fist 🤜🤛

Der Officer reicht mir daraufhin ernsthaft eine Ghettofaust 🤜🤛, erklärt, dass er sich auch mit „cancer awareness“ beschäftige und dass im Oktober ja ein Gedenktag gewesen wäre 🙂👍

Der Blick der anderen umherstehenden Officers: 🧐

Alle Gegenstände sind inzwischen auf dem Tisch ausgebreitet.

19. Hast Du Medikamente für (einreiselandspezifische Bedingungen für Deklarationspflicht) dabei? Ich verneine und verweise auf ein kleines Täschchen mit Medikamenten (Mittel gegen Reiseübelkeit, etc.), das er öffnet, kurz reinschaut, aber nicht weiter inspiziert.

20. Warum hast Du mehr als ein Laptop? Ich erkläre, dass nicht alle funktionieren und ich nicht technisch versiert genug bin, alle Daten herunter zu bekommen.

21. Warum hast Du mehr als ein Handy? Ich erkläre, dass ich meine alten Handys teilweise aufgehoben habe und ich auch hier nicht technisch versiert genug bin, alle Daten herunter zu bekommen.

22. Was ist auf den Geräten? Bilder, Videos, Mails, Dokumente…

Ich erkläre, dass ich im letzten Jahr meinen Besitz im Wesentlichen auf diese beiden Taschen reduziert habe, dass ich ein Jahr lang jeden Tag mindestens einen Gegenstand aus meinem Besitz entfernt und darüber gebloggt hätte und dass diese technischen Angelegenheiten mit den Geräten und Daten der letzte Part dieses Projektes wären, den ich noch angehen muss.

Dann gings ab…

23. Was ist das für ein Blog? Erkläre! Ich erkläre, dass es meist Rezepte und tagebuchähnliche Postings seien.

Ich werde aufgefordert, die Domain des Blogs auf einen Zettel zu schreiben sowie die aktiven Handynummern. Eine muss ich im Handy nachsehen, ich darf es aber nicht in die Hand nehmen, sondern das Handy muss dabei vor ihm auf dem Tisch liegen bleiben. Ich beschreibe dann, wie ich die in den Kontakten eingespeicherte Nummer aufrufe, während ich es Schritt für Schritt mache. Aus der Geldbörse nimmt er noch die gerade im Duty Free-Bereich gekaufte SIM-Karte und schreibt auch diese Nummer ab.

24. Was ist das (Taro Pastry aus China)? Ich erkläre, dass dies einzeln verpackte Mini-Kuchen aus China wären:

Taiwanische Mini Kuchen (Taro Pastry)
Mini Kuchen (Taro Pastry als nur noch vier übrig waren 🙈)

25. Was ist hier drin (Kissenbezug mit getragener Kleidung)? Ich erkläre, dass in dem geschlossenen Kissenbezug, auf dem er gerade rumdrückt, meine getragene Wäsche ist und die saubere lose in der Tasche liegt.

Der Kissenbezug wird nicht geöffnet und inspiziert.

26. Wo hast Du Dich in den letzten zwölf Monaten aufgehalten? Ich nenne die Länder.

27. Was hast Du in Land 1, Land 2, Land 3, Land 4 (in den letzten 30 Tagen besuchte Länder) gemacht? Ich erkläre, was ich gemacht habe.

28. Kennst Du jemanden in Land 5 (gegenständliches Einreiseland)? Ich verneine.

29. Was willst Du hier machen? Ich erkläre, dass ich mich hier privat aufhalte und nichts Bestimmtes außer Besichtigungen und Fotos machen werde.

30. Wie lange willst Du hier bleiben? Ich verweise auf mein Rückflugticket und darauf, dass mir die maximal mögliche Aufenthaltsdauer bekannt ist.

31. Willst Du hier Arbeit aufnehmen? Ich erkläre, dass ich das nicht unbedingt möchte, aber, dass sich das in der Zukunft ändern könnte.

32. Hattest Du jemals einen Konflikt mit der Polizei? Ich verneine.

33. Was bedeutet das (hat eine Seite in meinem Notizbuch aufgeschlagen)? Ich erkläre, dass ich einen Lernplan zum Zwecke der Prüfungsvorbereitung erstellt habe.

34. Wie viel Geld hast Du? Ich nenne die ungefähre vierstellige Summe, über die ich verfügen kann.

Von Interesse: Blog, Handynummern, Adressen, Laptops, Kuchen aus China

Der Officer nimmt den Zettel mit der Blogdomain und den Handynummern sowie die Laptops und die taiwanischen Küchlein und sagt, er wird das nun überprüfen und auch die Adressen, die ich angegeben habe.

Der Officer kommt zurück und wischt kommentarlos mit einem feuchten Wattepad über das Display meines vorhin in der Hand gehaltenen Handys, das noch auf dem Tisch vor mir liegt.

Ich vermute, dass es sich dabei um einen Wischtest für Drogen handelt. Wenn man vergisst, sein Laptop aus dem Handgepäck zu nehmen (ist mir mal in London passiert), werden auch dort manchmal Wischtests für Sprengstoffrückstände gemacht.

Der Officer ist ingesamt etwa fünf Minuten abwesend, währenddessen ich wieder mit dem Sekundenschlaf kämpfe. Die zwei Officers neben mir beobachten mich. Ich vermute auch, dass man mich durch eine der zahlreichen Kameras beobachtet.

Der Officer kommt zurück und legt die Sachen wieder auf den Metalltisch zu meinen anderen Sachen.

35. Um was geht es auf dem Blog? Wer nannte den Blog „einer der langweiligsten Blogs der Welt“? Ich erkläre, dass ich ihn so genannt habe nachdem andere ihn so genannt haben, weil er eben langweilig ist. Ich erkläre, dass ich über kein bestimmtes Thema schreibe.

Anm.: Später habe ich mit einem Analysetool die Besucherbewegungen auf KristinaKral.blog eingesehen und festgestellt, dass der Officer wohl versucht hat, die Seiten „Über mich„, „Statistiken„, „Kontakt“ und „Blog“ mittels Googleübersetzer zu übersetzen und da natürlich nichts steht außer „Hallo“ (Über Mich-Seite 😅) und eben die Statistiken, die Kontaktdaten und die Blogeinträge.

Besucherverlauf Flughafen Kontrolle - Kristina Kral
Besucherverlauf Flughafen Kontrolle

Wenn eine Regierung durch die Unterwäsche einer unbescholtenen, allein reisenden Bürgerin wühlt und diese bei der Einreise derartig verhört, darf die Bürgerin sicher auch darüber informieren, wie diese Regierung deren privaten Internetauftritt überprüfen wollte.

36. Hast Du Dein Elternhaus noch? Ich behaupte, dass ich ein Elternhaus habe.

37. Wo wirst Du hingehen, wenn Du die zwei Tage bei (der Adresse, die ich auf dem Einreisezettel angegeben habe) warst? Ich sage, dass ich den Aufenthalt vielleicht verlängern oder aber irgendwo anders hingehen werde.

38. Warum ist das so (zeigt auf Aufkleber auf Frontkamera von Handy)? Ich sage, dass ich technisch nicht versiert genug bin, allfällige Viren vom Handy zu bekommen und auch Handykameras gehackt werden können, wovon ich mich zumindest bei der Frontkamera schützen will.

Er sagt, dass ich dann gehen und noch wegschmeißen könnte, was ich nicht brauche und stellt einen kleinen Mülleimer bereit, weil ich ein paar Taschentücher und leere Flaschen im Handgepäck hatte.

39. Er fragt zum Abschluss noch, was auf den Laptops sei, das ich denn so beschützen „protect“ will; „What’s up with these, Kristina? …“ Ich teile mit, dass ich nichts beschützen will und darauf eben Erinnerungen und Mails von früher sind.

Kurzfristig gebuchtes Flugticket, falsche Passnummer und hohe Sicherheitsstandards

Ich frage, was der Grund für die Überprüfung war und bekomme bei den ersten paar Mal Fragen keine konkrete Antwort. Am Schluss sagt der Officer jedoch,

  • dass ich das Flugticket ja sehr kurzfristig gebucht hätte,
  • bei meinem Visum die Personalausweisnummer statt der Reisepassnummer eingetragen war, was bei der Passkontrolle ja auch geändert werden musste und,
  • dass dieses Land ja eines der sichersten und begehrtesten Einreiseländer sei.

Ich war mir nicht sicher, ob es das tatsächlich war und fühle mich beim Einpacken meiner Sachen – das Laptop ist ihm zu fragil, um es selbst noch weiter bewegen zu wollen – streng beäugt (vielleicht ist das ja ein Test?).

Ich sage noch, dass ich mich schlecht fühle, wenn ich jetzt meinen Müll bei ihm zurück lasse, aber er versichert mir, dass das schon ok sei.

Danach gehe ich zum Taxistand.

Tatsächlicher Anlass zur Kontrolle

Im Nachhinein meinte ein persönlich bekannter Anwalt aus Deutschland zu mir, dass wohl eher mein Aussehen für die Kontrolle verantwortlich gewesen sein wird.

In einem Interview mit einem seit Jahrzehnten untergetauchten RAF-Terroristen (das Video finde ich leider nicht mehr auf Youtube) sagte dieser einmal auf Nachfrage, wie er denn so lange unentdeckt geblieben ist, dass man bei Kontrollen immer sicher auftreten soll und auch sinngemäß, dass „die“ Angst und Unsicherheit riechen können.

Zum Zeitpunkt der geschilderten Kontrolle war ich drei Tage wach, lediglich unterbrochen von hunderten Malen Sekundenschlaf in Flugzeugen, Restaurants und Wartezonen. Ich hatte auch noch Rückenschmerzen, meine Tage, war erschöpft von einer Kunstausstellung und der absoluten Reizüberflutung an einem taiwanischen Flughafen und quasi sediert mit ungewohntem Komfort-Flugzeugessen.

So kann man natürlich auch mit der reinsten Intention als unbescholtene Person in derartige Kontrollen geraten.

Von der Ausreise werde ich berichten.**

* Nachtrag am 22.1.2020: Ein Leser dieses Artikels ist der Auffassung, dass mir wohl die Vielzahl an elektronischen Geräten das „special treatment“ beschert haben, wobei bei der Kontrolle kein ernsthaftes Interesse an den Inhalten bestand.

** weiterer Nachtrag: Bei der Ausreise gab es keine besonderen Vorkommnisse.

Wie sind Deine Erfahrungen mit Flughafen- und Grenzkontrollen?

2 thoughts on “Drogenverdacht am Flughafen: Ablauf einer Kontrolle

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert