Tschüss, Deutsches Requiem!

Kristina Kral #127 Brahms Ein Deutsches Requiem
#127 Brahms Ein Deutsches Requiem

 

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An Tag 127 des 365-Tage-Minimalismus-Projektes gehen die Noten von Johannes Brahms‘ „Ein Deutsches Requiem“, das ich sehr gerne gesungen habe.

Minimalismus – Tag 127

Brahms hat mE sehr „schöne“ Musik komponiert, die weitgehend mit dem heutigen Hörempfinden und der heutigen Hörerwartung harmoniert. Gerade in diesem Werk sind spannungsbringende und charakteristische Dissonanzen ganz raffiniert komponiert.

Johannes Brahms‚ Deutsches Requiem war eines der ersten Werke, das ich im ersten Sopran gesungen habe. Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Chor, obwohl das noch gar nicht so lange her sein kann. In bin in Chören zwischen allen mir physisch möglichen Stimmfächern, von Tenor über Alt 4 bis hin zu Alt 1, und von Sopran 4 bis hin zu Sopran 1 gewandert. Es gab eine Zeit, in der ich gleichzeitig in einem Chor im Sopran, in einem anderen im Alt und in einem dritten im Tenor gesungen habe.

Es ist schwierig, für sich das Richtige zu finden, wenn man keinen inneren Antrieb zu irgendeiner künstlerischen Selbstdarstellung hat und jedes Instrument und jedes Stimmfach als gleich beeindruckend und wert zu erforschen erachtet.

Ich habe mich in jeder Klasse immer unbewusst mit den AutistInnen, die oft ganz natürlich talentierte MusikerInnen sind, zusammengefunden, weil die mich nicht mit Fragen wie „Bist du nicht Hauptfachsängerin, was warst denn du grad im Schlagzeugraum?!“ löchern und mich nicht in vermeintliche soziale Musikersparten einordnen. Sie zeigen lieber „barierrelos“ was sie gerade neu erarbeitet haben, musizieren aus reinem Spaß und Freude am Experimentieren, was sich nicht selten alles andere als „schön“ und „vorzeigbar“ darstellt.

Musizieren hat für mich persönlich weniger mit Darstellen, sondern mehr mit Erleben und Empfinden zu tun. Das Darstellen überlasse ich sehr gerne anderen inspirierenden, tollen KünstlerInnen.

Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Außenstehende mehr wollten, dass ich solistisch hervortrete als ich selbst.

Eine Solistin im Chor?

Irgendwann hat mich meine Gesangslehrerin ganz aus Chören „verbannt“, weil man da seine Solistentechnik wieder kaputt machen würde. Und damit, weiterhin Chöre und solche Herzensprojekte wie ehrenamtlichen Singstunden in Seniorenresidenzen zu leiten würde man seine Kapazitäten verschwenden.

Jedenfalls käme es für das „richtige“ Stimmfach – wie ich später gelernt habe – insbesondere darauf an, in welcher Tonhöhe die eigene Stimme die meiste Substanz hat; meine Anlage ist „leider“ im Bereich des dramatischen Soprans; eine alles übertönende Stimme mit „metallischem Timbre“ und „hoher Durchschlagskraft“. Also genau das Gegenteil meiner Persönlichkeit, die eher so „Müssen wir überhaupt auftreten? Ich bin in Reihe vier, ganz hinten links, vielleicht werde ich dann nicht mitgefilmt. Macht’s Ihnen was aus, wenn Sie mich nicht namentlich erwähnen? Tschüss!“ ist.

Das „Lustige“ ist, es gibt auch SängerInnen mit naturgegebener eher schwacher oder sehr beweglicher Stimme, die aber meinen, sie haben den Charakter und die Anlage eines dramatischen Stimmfaches; das kann auch genau so witzig, peinlich und widersprüchlich sein wie mein persönliches Beispiel.

Ich war mal in einem Haus, in dem so eine Gesangslehrerin war. Vor einer Chorprobe hört man dann einfach mal einen gekünstelten 100-Dezibel-Schrei, weil die Gesangslehrerin einer Solistin etwas „zeigen“ wollte, woraufhin einfach nur alle angewidert und geschockt zu ihr hingesehen haben…

Das sind dann diese gescheiterten KünstlerInnen, die auf dem freien Markt, auf den sie unbedingt wollen, keine Chance haben und die dann in zweiter, dritter oder vierter Wahl „PädagogInnen“ werden, weil man ja irgendwie seine Rechnungen bezahlen muss. Und wenn man LehrerIn wird, dann denkt erstmal jeder, dass man so gut ist, dass man anderen was beibringen kann und das kann ja auch das verwelkende Ego streicheln, wenn ja sonst nix da ist…

Aber das wird einmal ein Blogeintrag für einem anderen Tag und das hier stellt natürlich nur einen Teil meiner beschränkten, persönlichen Sicht und eine Facette meiner begrenzten Erfahrung dar…

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