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An Tag 175 des 365-Tage-Minimalismus-Projektes gehen Heftklammern, ein alter Zahnbürstenkopf, der gar nicht auf meine jetzige elektrische Zahnbürste passt und ein Notenbuch mit Chopin-Walzern.
Minimalismus – Tag 175
Den Tacker habe ich ausrangiert, also können auch die Heftklammern gehen. Der Bürstenkopf passt nicht zum Zahnbürstenmodell, das ich jetzt habe, und das Chopin-Walzer-Heft…
Chopin hat schöne Walzer geschrieben, aber, mir liegt es eher nicht, romantische Musik zu spielen. Ich hacke lieber eine Bachfuge in die Tasten oder verliere mich in Henry Purcells alter Musik…

Der Chopin Walzer in cis moll war das erste Stück, dass ich in meiner Musikausbildung öffentlich vorspielen musste und das benotet wurde. Vor den Vorspielabenden spielt man sich immer ein, mindestens eine halbe Stunde. Dabei kam damals eine Pianistin ins Zimmer, die viel besser war als ich, und sagte mir, wie toll sie mein Spiel fände und dass es [der Vortrag] toll würde.
Wurde es dann nicht :_)
Wenn ich für mich alleine spiele, ist es manchmal echt toll und ich überrasche mich selbst und auch meine Lehrer. Vor anderen vorspielen: Mäh.
Lampenfieber
Ich bin eben introvertiert und ich kann mir keine Möglichkeit denken, das zu ändern.
Mit dem Hauptfach Gesang ist es einfacher für mich, etwas vorzutragen, weil ich nicht mittelbar mit meinen Fingern über Tasten bzw mit einem Bogen auf den Saiten Klang erzeuge, sondern unmittelbar mein Körper den Klang produziert.
Auch einen Chor zu leiten finde ich schwieriger als „einfach“ nur zu singen, weil meine Leistung da nicht ein unmittelbarer Ausdruck meiner Stimme ist, sondern die Stimmen der ChorsängerInnen, die von meinem Dirigat, der Mimik und Gestik abhängen.
Beim „einfachen“ Singen geht zwischendrin weniger verloren.
Macht diese Erklärung Sinn?
Die Ausbildung monetarisieren
Unter Klarnamen teilweise einfachste Inhalte bloggen und in den sozialen Medien mit einem gezeichneten Profilbild, das so aussieht, wie ich aussehen könnte, aufzutreten, ist schon das höchste der Gefühle, was meinen persönlichen Drang zu künstlerischer Darstellung angeht. Er ist also praktisch nicht vorhanden.
Zu wissen, dass ich Teil einer Gruppe, eines Chores oder Ensembles bin bzw war, von dem es irgendwo ne Aufnahme gibt, finde ich schon nicht so prickelnd. Solistisch will ich das noch weniger.
Ich kann Musik sehr genießen und aktiv hören, aber habe kaum keinen Drang, mich selbst dadurch zum Ausdruck zu bringen. Das finde ich selber sehr schade.
Im Nachhinein betrachtet ist es jedoch eigentlich überhaupt nicht schlau, die musikalische (Aus)Bildung nicht noch zu irgendwas zu machen. Ich hätte statt üben, lernen und aktiv Musik hören ja auch andere Dinge machen können.
Wenn ich jeden Tag seit meinem fünften Lebensjahr auch nur eine Stunde täglich Musik geübt hätte, waren das trotzdem tausende Stunden und tausende Mark und Euro, die investiert worden sind. So ein Potential weiter ungenutzt zu lassen ist objektiv alles andere als minimalistisch, solange ich wirtschaftlich noch nicht da bin, wo ich sein will. Vielleicht sollte ich doch wenigstens noch irgendwelche musikalischen Inhalte produzieren, die ich monetarisieren kann. Und wenn es nur die bloße, unpersönliche Interpretation einfachster Kinderstücke anderer Komponisten für Youtube und damit ein kleines passives Einkommen ist.